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 Beschlussvorlage
X öffentlich   nichtöffentlich
Drucksache Nr. (ggfls Nachtragsvermerk)
04-09/5197

 

Referat, Auskunft erteilt, Telefon-Durchwahl Datum
41 - Kultur - Herr Dr. Bandelow, Tel. 1 69 - 91 00

 

11.01.2008

 

Beratungsfolge Sitzungstermine Top Zuszändigkeiten
Kulturausschuss 16.01.2008

 


Betreff
Walcker-Orgel


Beschlussvorschlag

Die Verwaltung wird beauftragt, Verhandlungen über den Verkauf der restaurierten Walcker-Orgel an den Kirchenkreis Dortmund-Mitte-Nordost der Ev. Kirche in Dortmund und Lünen zu führen.
Das Ergebnis der Verhandlungen ist dem Rat der Stadt zur Beschlussfassung vorzulegen.

Dr. Beck
 


Problembeschreibung / Begründung

Mit Schreiben vom 17.12.2007 bittet der Superintendent des Ev. Kirchenkreises Dortmund-Mitte-Nordost um die Aufnahme von Verhandlungen. Er schreibt u.a.:
"Alle kirchlichen Gremien haben sich für diese Entscheidung ausgesprochen und hoffen, dass spätestens 2010 die alte Walcker-Orgel aus Gelsenkirchen mit ihrem wunderbaren Klang die Reinoldi-Kirche erfüllt. … St. Reinoldi bekäme – wenn alles gut läuft – wieder eine angemessene und klingende ‚Seele’ und Ihre Orgel einen würdigen neuen Klangraum. Und, wenn wir in Kulturhauptstadt Ruhrgebiets-Maßstäben denken, dann wandert die Hans-Sachs-Haus-Orgel quasi von einem Stadtteil zum anderen. Vielleicht ist es uns sogar möglich, künftig gemeinsam einen Internationalen Orgelwettbewerb Ruhr auszuschreiben."

Bereits einige Tage vorher, am 14.12.2007 war der Ev. Kirchenkreis Dortmund-Mitte-Nordost in einer Pressekonferenz an die Öffentlichkeit getreten, hatte von der Kaufabsicht berichtet und um Spenden zur Finanzierung gebeten.

Hintergrund in Dortmund ist, dass in der Innenstadtkirche St.Reinoldi seit 1909 eine der größten Kirchenorgeln der Firma Walcker erklang. Sie war, wie die Gelsenkirchener, mit einem Fernwerk ausgestattet. Während des 2. Weltkriegs wurde diese Orgel vollständig zerstört. Der denkmalgerechte Wiederaufbau der Kirche nach 1945 sieht die alten Standplätze für ein so großes Instrument allerdings weitgehend noch vor.
Nach 1945 wurde in St. Reinoldi eine deutlich kleinere Orgel eingebaut, die zurzeit in einem sehr desolaten Zustand und abgängig ist.
Auf der Suche nach Alternativen erinnerten sich die Verantwortlichen an die Geschichte der Walcker-Orgeln in Dortmund und Gelsenkirchen. Sie setzten sich mit der Orgelbau-Firma "Romanus Seifert & Sohn" in Kevelaer und dem Kustos der Walcker-Orgel bzw. der Kulturverwaltung Gelsenkirchen in Verbindung mit dem Ziel, einen Einbau technisch, funktional und orgelhistorisch zu prüfen.

Nach Ortsterminen u. a. in Kevelaer empfiehlt der "Orgelsachverständige der Evangelischen Kirchen in Westfalen", Herr Manfred Schwartz, in einer "Stellungnahme zur Orgelsituation Reinoldi-Dortmund" vom 27.10.2006 dem Kirchenkreis "dieses wertvolle und klangprächtige Instrument nach Reinoldi zu transferieren und weitere Schritte für dieses Projekt einzuleiten."
Bis zum Ende 2007 haben dann die zuständigen Gremien in Dortmund den kircheninternen Meinungsbildungsprozess soweit abgeschlossen, dass sie mit Pressekonferenz und dem o. a. Schreiben das Kaufinteresse öffentlich und offiziell mitgeteilt haben.

Die Stadtkirche St. Reinoldi ist – ähnlich der Bleckkirche in Gelsenkirchen – eine der Ev. "Stadtkirchen ohne Gemeinde", die besonders für Kulturveranstaltungen genutzt werden. Schon jetzt finden dort regelmäßig Orgelkonzerte vor großem Publikum statt. Allein für die ersten vier Monate 2008 sind dort 11 Orgelkonzerte bzw. Chorkonzerte mit Orgelbeteiligung geplant.


Die Situation in Gelsenkirchen stellt sich wie folgt dar:

Die Walcker-Orgel wurde 2003 aus dem Hans-Sachs-Haus ausgebaut und bei der Orgelbaufirma "Romanus Seifert & Sohn" in Kevelaer nach den alten Originalplänen restauriert mit dem Ziel, sie in den - dann wieder in den ursprünglichen Zustand versetzenden - Saal originalgetreu mit Fernwerk und Schallkanal einzubauen. Am 9.2.2007 wurden die Arbeiten vom Kustos der Walcker-Orgel, Herrn Obernier, offiziell abgenommen. Bilder der Orgel und des Arbeitsprozesses können auf www.walcker-orgel.de eingesehen werden. Seit dem ist die einbaufertig restaurierte Orgel bei der Fa. "Romanus Seifert & Sohn" fachmännisch, klimatisch korrekt und kostenpflichtig eingelagert.

Der Rat der Stadt hat am 14.6.2007 beschlossen, dass im Neuen Hans-Sachs-Haus – nicht zuletzt mit Blick auf Folgekosten und Bedarf - ein akustisch aufgerüsteter und funktional entsprechend eingeschränkter Konzertsaal nicht mehr vorgesehen werden soll. Damit verfügt Gelsenkirchen über eine Orgel ohne Saal.

Bereits seit Mitte 2005, als sich ein Scheitern der Sanierung des Hans-Sachs-Hauses abzeichnete, hat die Kulturverwaltung nach alternativen Standorten in Gelsenkirchen – zuerst in der Heilig-Kreuz-Kirche in Ückendorf – gesucht. Dabei erwiesen sich drei Probleme als bis heute nicht lösbar:


1. Der Flächenbedarf:
Die reine Standfläche (= Lagerfläche, ohne Wartungsgänge, Gehäuse etc.) der Orgelelemente – ohne dass sie unter akustischen Gesichtspunkten platziert wurden - beträgt 102 m². Zum Vergleich: Die Empore der Heilig-Kreuz-Kirche hat incl. Nebenräume 29 m².

2. Die Raumakustik:
Kirchen haben einen langen Nachhall. Die Walcker-Orgeln reagieren darauf u. a. mit Fernwerken und Schallkanälen, die den Schall verzögert in die hinteren Bereiche des Saales führen. Dieser Schallkanal (= hölzerner "Gang" unter der Decke) muss architektonisch vorgedacht sein. In der Heilig-Kreuz-Kirche z. B. würde dieser Holzkanal den Charakter dieses großartigen Denkmals vollständig zerstören.

3. Die Kosten für ein "Konzerthaus":
Wenn die Orgel in eine – möglicherweise aufgegebene – Kirche eingebaut wird, muss sie auch gespielt werden und Zuhörer/innen finden. Es entstehen Folgekosten für die Nutzung der Kirche ebenso wie für die Konzerte (Gagen, Werbung). Dieses ist im Verhältnis zu sehen zu der Resonanz, die die Orgel in den letzten Jahren ihres Bestehens im Hans-Sachs-Haus hatte. Wäre die Orgel Bestandteil eines sowieso konzertant genutzten Raumes (Stichwort: Neue Philharmonie Westfalens im ursprünglichen Hans-Sachs-Haus-Saal) gewesen, wäre die Nutzung gegeben. Steht die Orgel solitär in einer (Kultur-)Kirche, müsste das Konzertprogramm zusätzlich organisiert und subventioniert werde.

Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass der Einbau und die Intonierung der Orgel in einem neuen Standort in Gelsenkirchen noch einmal mindestens 115.000 € kosten würden.
 


Finanzielle Belastungen: nein

 

 

 

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